Die Average True Range (ATR) ist ein Indikator, der auf Kursdifferenzen zwischen zwei Handelstagen beruht und als Seismograf der Volatilität gilt. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die ATR für das Setzen von Stopps und den Aufbau von Positionen nutzen können.
Das Ausmaß der Marktbewegungen, auch Volatilität genannt, ändert sich ständig. Manchmal schwanken die Kurse besonders stark, manchmal kaum. Das beeinflusst den Handel erheblich. Setzten Trader beispielsweise ihren Stopp in einem schwankungsintensiven Wert zu eng, könnten sie allein von zufälligen Bewegungen ausgestoppt werden. Setzen sie ihn zu weit entfernt, könnte das im schlimmsten Fall unnötig große Verluste bedeuten.
Ein gutes Maß beim Setzen der Verlustbegrenzung beziehungsweise bei der Positionsgrößenbestimmung bietet die Average True Range. Damit passen Sie sich automatisch dem Marktumfeld an.
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Average True Range heißt auf Deutsch „durchschnittliche wahre Spanne“. Sie gilt als Gradmesser für die Volatilität, also die Schwankungsbreite eines Marktes. Als Range wird die Spanne zwischen Hoch und Tief an einem Handelstag bezeichnet. Eröffnet der DAX beispielsweise bei 11,500 Punkten, steigt dann im Hoch auf 11,550 und fällt schließlich auf 11,490, um dann wieder zu steigen und bei 11,535 zu schließen, so beträgt die Spanne 60 Punkte – die Differenz zwischen Hoch und Tief (11,550 - 11,490). Eröffnungs- und Schlusskurs spielen bei der Range keine Rolle.
Bei einer ATR von 60 Punkten befinden wir uns übrigens in einer ruhigen Marktphase. Wenn richtig Bewegung in den Märkten ist, kann dieser Wert durchaus die 300er Marke erreichen.
Um die Average True Range (ATR) zu bestimmen, ist es entscheidend, dass die Meinungsbildung an den Märkten nicht ausschließlich während der offiziellen Handelszeiten geschieht. Im Gegenteil: Dieser Prozess findet gerade dann statt, wenn die Börsen geschlossen haben. Dies findet dann im Eröffnungskurs Ausdruck, was oft in Kurslücken (sogenannten Gaps) resultiert. Wenn der DAX zum Beispiel gestern bei 11,500 Punkten schloss und heute bei 11,535 eröffnet, tendierte die Börse offensichtlich über Nacht positiv. Die Marktteilnehmer sind kollektiv bereit, für den Index mehr zu zahlen als am Vortagesschluss.
Bei der True Range wird diese Kursveränderung über Nacht einbezogen. In einem zweiten Schritt kann die Average True Range, also der Verlauf der True Range, als Durchschnittswert berechnet werden. In der Standardeinstellung erfolgt dies über einen Zeitraum von 14 Handelstagen.
Konkret berechnet sich die True Range als jeweils größter aus folgenden drei Werten: die Distanz vom heutigen Hoch zum heutigen Tief, die Distanz vom gestrigen Schluss zum heutigen Hoch und die Distanz vom gestrigen Schluss zum heutigen Tief. Die drei Varianten sind in Bild 1 zu sehen. Dabei beschreibt der Buchstabe D jeweils die größte der drei Spannen. Bei D1 reicht die Tagesspanne in die Spanne des Vortages und ist in diesem Fall größer als die beiden anderen Werte der ATR-Berechnung. Daher entspricht die True Range bei D1 der Tagesspanne. Bei D2 und D3 sind Lücken entstanden, die bei der Berechnung der True Range berücksichtigt werden. Bei D2 ist der Abstand zwischen dem Schlusskurs des Vortages und dem Hoch des aktuellen Tages der größte der drei Werte; bei D3 die Distanz zwischen dem Schlusskurs des Vortages und dem Tief des aktuellen Tages.
Links ist die True Range der Abstand D1, also die Differenz zwischen dem Eröffnungs- und Schlusskurs des- selben Tages. Im zweiten Fall eröffnet der Wert tags darauf höher und steigt weiter an. Bei D2 ist also der Abstand zwischen dem Schlusskurs des Vortages und dem Hoch des aktuellen Tages der größte. Im dritten Fall bilden die Trader über Nacht negative Erwartungen. Demnach misst D3 die größte Distanz zwischen dem Schlusskurs des Vortages und dem Tief des aktuellen Tages.
Während der Glättungsperiode entsteht mit der Zeit ein Verlauf der ATR. In Bild 2 ist ein solcher Indikatorverlauf für den Chart des DAX dargestellt. Die Skala auf der rechten Seite im unteren Chart-Abschnitt zeigt die Werte der ATR in Punkten. Es ist deutlich zu erkennen, wie stark der Wert der ATR variieren kann. Vor allem bei starken Kurseinbrüchen wie im Januar 2016 erhöht sich die ATR, während sie bei längeren Aufwärtsbewegungen (ab Februar 2016) typischerweise fällt. Das liegt daran, dass vor allem die großen Abwärtsbewegungen meist viel schneller verlaufen als vergleichbare Aufwärtsbewegungen.
Das Bild zeigt den DAX sowie die ATR (Sub-Chart). Es ist gut zu erkennen, dass starke Abwärtsbewegungen wie etwa im Januar 2016 mit entsprechend hohen Werten für die ATR einhergehen. In Aufschwungsphasen sinkt die ATR in der Regel deutlich.
Wie kann man sich die ATR fürs Trading zunutze machen? Zunächst einmal ist sie ein gutes Hilfsmittel, um die Risiken und Chancen eines Handelsinstruments objektiv beurteilen zu können. Je höher die ATR in der Vergangenheit, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für größere Kursbewegungen in der Zukunft. Da eine Range als solche immer einen positiven Wert aufweist, nimmt auch die ATR stets Werte größer null an, egal ob es aufwärts oder abwärts ging. Gibt es nur sehr geringe Schwankungen, liegt der Wert nahe null.
Viele Trader bestimmen ihre Positionsgröße anhand des Stopplevels, an dem der Trade im Verlustfall glatt- gestellt wird. Dabei wird pro Trade ein Risiko festgelegt, dass möglichst nicht mehr als zwei Prozent des Depots ausmachen sollte. Als Nächstes wird der Kurs bestimmt, zu dem der Trader in den Markt einsteigen will, sowie der Kurs, an dem er den Stopp-Loss setzt. Der zu riskierende Betrag wird dann durch die Differenz zwischen Einstieg und Stopp-Loss geteilt. Die sich daraus ergebende Stückzahl ergibt die optimale Positionsgröße für den jeweiligen Trade:
Stückzahl = Risiko pro Position / (Einstiegskurs - Stoppkurs)
Das Bild zeigt, wie das Risiko immer mehr zunimmt, je länger der Anlagehorizont wird. Der Grund dafür ist die ansteigende Volatilität. Um nicht ständig ungewollt ausgestoppt zu werden, muss die Volatilität durch weitere Stopps kompensiert werden.
Aber auch die ATR könnte sich anbieten, um die Positionsgröße zu bestimmen. Anstatt der Prozentregel gibt es auch die Möglichkeit, die aktuelle Marktvolatilität, also das all- gemeine Risiko, zu berücksichtigen. Grundsätzlich wird hierbei der ATR-Wert verwendet, der sich auf der Zeitebene des tatsächlichen Trades ergibt. Wenn ein Trader zum Beispiel nach Signalen auf dem 1-Stunden-Chart handelt, ist die ATR der Kursbalken die Referenz zur Stoppsetzung. Zudem hat jeder Basiswert seine charakteristischen ATR-Werte, die es zu berücksichtigen gilt.
Wir legen nun also unseren Stopp auf Basis der vorherrschenden Volatilität fest. Hierfür eignet sich die zweifache ATR als Initial-Stopp. Sehen wir uns dazu ein Beispiel an:
Kapital: 10 000 Euro
Risiko pro Position: 2 Prozent
Risiko absolut: 200 Euro
Einstiegskurs: 100 Euro
ATR: 3 Euro
Risiko pro Aktie: 6 Euro (2 x ATR)
Stückzahl = 200 Euro / (100 Euro - 94 Euro) = 33
Optimale Positionsgröße: 33 Aktien
Je länger der Anlagehorizont, desto höher die Volatilität und damit das Risiko. Deshalb sollten Sie Ihr Risiko- und Money-Management an die Volatilität anpassen.
Grundsätzlich sollte der Stopp nicht zu nahe am aktuellen Kurs liegen, da Trader sonst zufällig ausgestoppt wer- den können. Zugleich sollte der Stopp aber auch nicht zu weit entfernt sein, da sonst das Potenzial des Trades nicht attraktiv ist. Die ATR bietet ein Hilfsmittel für Trader, um Stopps möglichst sinnvoll anhand der gerade vorherrschenden Volatilität zu platzieren. Eine Garantie für Gewinne ist die ATR allerdings nicht. Freestoxx dankt Traders Magazine ganz herzlich für die Kooperation.
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