Der erste Teil dieser Artikelreihe (TRADERS´ 02/2015) befasste sich mit der Frage, welche Gütekriterien geeignet sind, um verschiedene Optionsstrategien objektiv miteinander zu vergleichen, sodass der Trader Zielvorgaben für eine Optimierung formulieren kann. Dieser Teil widmet sich nun dem Thema, welche Modifikationen einer Optionsstrategie geeignet sind, die Bewertung einer Strategie so zu beeinflussen, dass sich damit ein Verfahren zur Strategie-Optimierung konstruieren lässt.
Eine Optionsstrategie besteht grundsätzlich aus Puts, Calls sowie gegebenenfalls aus Kontrakten des Basiswerts wie zum Beispiel Aktien oder Futures. Da die Möglichkeit besteht, sowohl Long- als auch Short-Positionen in den Optionskontrakten einzugehen (das heißt, Optionen zu verkaufen, die man nicht besitzt), ergeben sich entsprechend mannigfaltige Gestaltungsmöglichkeiten. Erstellt man eine Strategie, deren Optionen alle den gleichen Verfallstermin aufweisen, so entsteht zum Verfallszeitpunkt immer eine Auszahlungsfunktion, die aus linearen Teilstücken besteht. Die Ecken der Auszahlungsfunktion entstehen dabei an den Basispreisen (Strikes) der einzelnen Optionspositionen (siehe Bild 1). Vor dem Verfallszeitpunkt hingegen bildet jede Option eine nichtlineare Bewertungsfunktion ab, die über die passende Optionspreisformel berechnet beziehungsweise simuliert werden kann (entsprechende Formeln können unter „The Complete Guide to Option Pricing Formulas“ von Espen Gaarder Haug, McGraw-Hill, 2007, 2nd edition nachgeschlagen werden). Für ein bestimmtes Auszahlungsprofil gibt es immer mehrere Möglichkeiten, dieses zu konstruieren. Das liegt daran, dass die drei Instrumente Put, Call und Basiswert ein redundantes drittes Element enthalten, womit immer je zwei Elemente zusammen das Dritte nachbilden können.
Beispiel:
Long Put + Long Basiswert = Call
(weitere Kombinationen siehe Bild 2)
Die Form des Auszahlungsprofils ist zwar identisch, doch bei einer näheren Betrachtung ergeben sich Unterschiede im Preis, die durch den unterschiedlichen Kapitalbedarf und den Einfluss der Zinsen auf die Optionspreise entstehen. Dies lässt sich direkt aus dem Black-Scholes Optionspreismodell ableiten. Wie lässt sich nun ein bestimmtes Auszahlungsprofil konstruieren? Dazu kann man aus der Beobachtung, dass sich ein Auszahlungsprofil aus linearen Abschnitten zusammensetzt, eine konstruktive Methode ableiten: Jedes lineare Teilstück lässt sich als Bull- beziehungsweise Bear-Spread darstellen, woraus die gesamte Funktion additiv zusammengesetzt werden kann. Nur am Rande werden allenfalls noch einzelne Long- oder Short-Positionen von Puts oder Calls benötigt (siehe Bild 3). In der Literatur werden üblicherweise nur Kompositionen mit zwei bis drei Elementen besprochen (zum Beispiel „Straddle“, „Butterfly-Spread“ et cetera). Mit dieser Methode können jedoch auch allgemeinere Funktionen generiert werden (Es entstehen dabei auch Teilpositionen, die sich gegenseitig aufheben. Diese sind jeweils zwecks Vereinfachung noch zu entfernen). Diese Betrachtung lässt sich auch auf Optionsstrategien mit mehreren Laufzeiten verallgemeinern, indem die Teilpositionen gleicher Laufzeit jeweils gesondert behandelt werden. Auch hier beschränkt sich die Literatur meist nur auf einfache „Calendar-Spreads“.
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B1) Auszahlungsprofil als stückweise lineare Funktion
Die Grafik zeigt das Auszahlungsprofil einer Strategie, die sich aus zwei sogenannten „Butterflies“ zusammensetzt.
Falls alle Optionen am gleichen Verfallstag auslaufen, so ergibt sich immer ein stückweise lineares
Auszahlungsprofil, wobei die Strikes der Optionen die Eckpunkte bilden.
Neben der rein konstruktiven Analyse einer Optionsstrategie in Bezug auf das Auszahlungsprofil ist die funktionale Sicht auf Teilpositionen einer Strategie meist noch wichtiger. Einzelne Gruppen von Optionen sollten bestimmte Funktionen erfüllen, wie beispielsweise die Generierung eines Zeitwertgewinns, die Absicherung einer Verlustzone oder die Finanzierung einer anderen Teilposition. Es macht Sinn, eine Optionsstrategie anhand solcher Funktionsgruppen zu strukturieren, da hiermit der Zweck einer einzelnen Option im Kontext erkennbar bleibt und dies bei einer Strategieoptimierung eine nützliche Information darstellt, wie im nächsten Abschnitt beschrieben wird.
Im ersten Teil dieser Artikelreihe haben wir bereits die Gütekriterien kennengelernt, mit denen komplexe Optionsstrategien bewertet und miteinander verglichen werden können. Welche Mittel stehen uns nun zur Verfügung, um eine Strategie in eine gewünschte Richtung zu verbessern? Das Stichwort dazu heißt Strategie-Transformation, das heißt, eine Optionsstrategie wird in eine andere transformiert, indem bestimmte Modifikationen vorgenommen werden. Das Hinzufügen oder Entfernen eines Puts oder Calls ist ein einfaches Beispiel einer solchen Transformation, das Konzept ist jedoch etwas allgemeiner zu verstehen.
B2) Äquivalente Kombinationen von Put, Call und Basiswert
Jedes Element kann durch die anderen beiden dargestellt werden.
B3) Zerlegung des Auszahlungsprofils in Bull- und Bear-Spreads
Ein Auszahlungsprofil kann in Bull- oder Bear-Spreads zerlegt werden, da jeder dieser Spreads einem linearen
Teilstück entspricht. Umgekehrt kann durch geeignete Kombination von Bull- und Bear-Spreads auch ein
beliebiges Auszahlungsprofil generiert werden (falls noch Puts/Calls am Rande hinzugefügt werden können).
Im letzten Abschnitt wurde bereits gezeigt, dass eine bestimmte Auszahlungsfunktion durch unterschiedliche Kombinationen von Options- und Basiswertkontrakten erzielt werden kann. Dies kann nun dazu herangezogen werden, um eine Strategie so zu transformieren, dass die Form des Auszahlungsprofils unverändert bleibt. Beispiele solcher Transformationen sind:
• Ersetzen des Basiswerts durch einen synthetischen Future bestehend aus Short Put und Long Call mit gleichem Strike. Diese Transformation ist beispielsweise vorteilhaft zur Reduktion des Kapitalbedarfs. Dabei kann der Strike frei gewählt werden, was eventuell weitere Vereinfachungen ermöglicht, indem die neue Position mit einer bereits bestehenden Gegenposition verrechnet werden kann.
•Ein Bull Spread oder Bear Spread kann sowohl mit Puts als auch mit Calls bei identischer Auszahlungsfunktion gebildet werden. Entsprechend können solche Spreads von einem Kontrakttyp zum anderen transformiert werden, was zum Beispiel den Kapitalbedarf für die Optionsstrategie beeinflusst, da typischerweise von teureren ITM-Optionen zu billigeren OTM-Optionen gewechselt werden kann.
Der Vorteil von Strategie-Transformationen mit gleichbleibendem Auszahlungsprofil besteht üblicherweise in der Vereinfachung der Strategie (Reduktion der Kontraktanzahl oder Strategie-Normalisierung) oder der Beeinflussung des Kapitalbedarfs. Die in der ersten Folge beschriebenen Gütekriterien wie Gewinnwahrscheinlichkeit, Erwartungswert und so weiter bleiben dabei praktisch unverändert (ein geringer Einfluss besteht wegen den Zinsen als Bestandteil des Optionspreises).
Eine weitere interessante Klasse von Transformationen sind die sogenannten strukturerhaltenden Transformationen, welche die Form des Auszahlungsprofils einer Optionsstrategie beibehalten, die jedoch direkt die Eigenschaften der Strategie beeinflussen. Diese Transformationen haben somit für den Trader den Vorteil, dass der Charakter einer Strategie und deren ursprünglicher Zweck erhalten bleibt, gleichzeitig aber die Eigenschaften der Strategie gezielt verbessert werden können.
Die Anpassung einer laufenden Strategie beabsichtigt in erster Linie die Gewinnsicherung und die Risikominimierung in Bezug auf die aktuelle Marktsituation
Eine strukturerhaltende Transformation wird so definiert, dass in einer Funktionsgruppe von Optionen die Skalierung der Kontrakte sowie die Strikes der Optionen angepasst werden können, jedoch unter Beachtung folgender Regeln (siehe auch Bild 4):
• Die Ordnung der Strikes der Optionen in der Funktionsgruppe bleibt gleich.
• Optionen mit gleichem Strike werden auch nach der Transformation den gleichen Strike aufweisen.
• Das Vorzeichen der Kontraktanzahl bleibt unverändert (kein Wechsel von Long auf Short oder umgekehrt).
Wir nennen diese Transformationen strukturerhaltend, da sie im Wesentlichen die Form des Auszahlungsprofils von Funktionsgruppen beibehalten. Dies ist durchaus erwünscht, falls der Trader einen bestimmten Strategietyp optimieren will, ohne damit die wesentlichen Elemente seines ursprünglichen Designs zu verändern. Gleichzeitig soll es bei unterschiedlichen Funktionsgruppen erlaubt bleiben, diese beliebig gegeneinander zu positionieren. Bezüglich der Skalierung von Kontrakten ist anzumerken, dass dieses Mittel vorsichtig einzusetzen ist, da es zu Verzerrungseffekten führen kann. Einige der Bewertungskriterien wie die Gewinnwahrscheinlichkeit sind unempfindlich gegenüber der Skalierung der Kontraktanzahl der gesamten Strategie, andere hingegen wie der Erwartungswert können um ein Vielfaches ansteigen. Dadurch entsteht bei einer Optimierung der Anreiz, die Kontraktanzahl hochzuschrauben, da dies die Bewertung verbessert. Dies ist aber nicht unbedingt wünschenswert. Es ist sinnvoller, die relative Gewichtung einzelner Elemente zueinander zu variieren, was durch die Skalierung ganzer Funktionsgruppen oder einzelner Teilstücke der Auszahlungsfunktion erreicht werden kann.
Das Konzept der Strategie-Transformationen kann noch weiter verallgemeinert werden, indem man auch Operationen zulässt, die die Struktur einer Strategie verändern. Dies kann beispielsweise das Hinzufügen von Funktionselementen zum Zweck einer Absicherung oder des Hedgings sein. Ein wichtiges Thema sind auch sogenannte Folgeaktionen, mit denen eine Strategie angepasst werden kann, welche bereits im Markt aktiv ist. Die Anpassung einer laufenden Strategie beabsichtigt in erster Linie die Gewinnsicherung und die Risikominimierung in Bezug auf die aktuelle Marktsituation, womit die rein statische Betrachtung des Auszahlungsprofils per Verfall eine zusätzliche dynamische Komponente erhält. Obwohl sich die Ziele des Traders von der Design-Phase einer Strategie unterscheiden, lassen sich die beschriebenen Konzepte auch auf die Generierung von Folgeaktionen übertragen. Dies wird in einem späteren Teil dieser Artikelserie weiter ausgeführt.
B4) Strukturerhaltende Transformationen
Falls bei obigem „Put-Ratio-Spread“ die Strikes der einzelnen Optionen oder zum Beispiel die Steigung einer
Flanke durch Skalierung der Kontraktanzahl verändert werden, so bleibt die Form des „Ratio-Spreads“ trotzdem
erhalten.
B5) Vergleich der Ausgangslage mit der Optimierung
Ausgangsstrategie: schwarzes, gestricheltes Auszahlungsprofil
Optimierte Strategie: schwarzes, durchgezogenes Auszahlungsprofil
Roter Funktionsgraph: Verhalten der optimierten Strategie unmittelbar nach dem Einstieg
Blaue vertikale Linie: Kurs des Basiswertes zum Zeitpunkt der Strategieerstellung
Markt: EURO STOXX 50
Börse: EUREX
Kurs Basiswert: 3084,18
Aufwand: -816
Einstieg: 12.01.2015
Bei der Ausgangsstrategie handelt es sich um eine Variante einer Outperformance-Strategie mit Cap. Die
Optimierung verbessert den Outperformance-Bereich, indem er näher an den Einstiegspunkt gesetzt wird und
zugleich die Steigung der Flanke durch eine Skalierung der Kontraktanzahl erhöht wird. Damit sinkt zwar der
mögliche Maximalgewinn, der Gewinn im relevanten Bereich wird dabei aber erhöht und der Erwartungswert
der Strategie steigt.
Anhand eines praktischen Beispiels soll die Verbesserung einer Strategie mithilfe der beschriebenen Transformationen aufgezeigt werden. Die Grundidee der Strategie besteht darin, eine Outperformance des Kursindex EURO STOXX 50 zu erzielen. Als Basisinstrument wird der Future auf den EURO STOXX 50 mit Laufzeit September 2015 herangezogen. Dieser verhält sich wie der Index – mit dem Unterschied, dass er beim Einstieg um die in der Laufzeit anfallenden Dividenden billiger erstanden wird. Das heißt, die Dividenden finanzieren somit indirekt den Aufwand der Optionskonstruktion, welche die Outperformance generiert. Alle Optionen haben den gleichen Verfallstermin wie der Future, nämlich September 2015. Durch die überproportionale Outperformance ab knapp über dem Einstiegsniveau kann auch der Investitionsgrad zurückgefahren werden, ohne Gewinneinbußen gegenüber dem Direktinvestment in Kauf nehmen zu müssen was das Risiko reduziert. Des Weiteren wird nur ein kleiner Teil des Kapitals gebunden, da für das Basisinvestment der Future herangezogen und somit das Konto lediglich mit einer entsprechenden Margin belastet wird. Somit könnte man das freigebliebene Kapital zusätzlich in festverzinsliche Wertpapiere, wie beispielsweise Unternehmensanleihen, investieren, wodurch zusätzlich noch ein kleiner Bonus zu erwirtschaften wäre (siehe Bild 5).
T1) Daten der Optionen und Futures
Die Tabelle beinhaltet sämtliche Positionen für das Praxisbeispiel aus Bild 5.
Der nächste Teil dieser Artikelreihe wird sich dem Thema widmen, wie Gütekriterien und Strategie-Transformationen zu einem Verfahren zur Strategie-Optimierung kombiniert werden können und welche Methoden das Gebiet der „Künstlichen Intelligenz“ dafür zu bieten hat. «
Ein Artikel von Reinhold Fend und Dr. Rico A. Cozzio.
Lesen Sie auch Teil 1: Komplexe Strategien im Trading Ein bewährter Ansatz mit Optionen – Teil 1
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